AudioguideIhlamur Palace
Ihlamur Kasrı
Um 1850 erbauter osmanischer Sommerpavillon mit Steinmetzarbeiten im Barockstil, gepflegter Gartenanlage und Café.
Eingebettet zwischen Beşiktaş und Nişantaşı in Istanbul liegt der Ihlamur Kasrı, auch bekannt als Lindenpavillon, und gewährt Einblicke in die elegante Welt der osmanischen Herrscher von vor fast zwei Jahrhunderten. Im Schatten jahrhundertealter Linden- und Magnolienbäume bewahrt dieser ehemalige Sommerpalast bis heute eine stille, zurückhaltende Noblesse und ist durch hohe Steinmauern vom Trubel der Stadt abgeschirmt.
Die Geschichte des Ihlamur Kasrı reicht fast drei Jahrhunderte zurück. Bereits zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts war das Gelände als Ihlamur Mesiresi bekannt – ein berühmter Garten, den osmanische Sultane besonders auf Jagdausflügen oder zur stillen Einkehr schätzten. Besonders im neunzehnten Jahrhundert rückte das Areal in den Mittelpunkt des höfischen Lebens, als Sultan Abdülmecid der Erste, inspiriert vom europäischen Zeitgeist, den begabten Architekten Nigoğos Balyan beauftragte, zwei neue Pavillons zu errichten.
Heute sind diese Gebäude als Merasim Köşkü und Maiyet Köşkü bekannt. Der Merasim Köşkü, der Zeremonienpavillon, beeindruckt mit seiner großen Steintreppe, den hohen Fenstern und kunstvollen barocken Verzierungen. Im Inneren glitzern Kronleuchter über europäischem Mobiliar und türkischen Teppichen – feine Holzschnitzereien und bemalte Decken zeugen vom Zusammenspiel westlicher und osmanischer Kunst. Hier wurden einst Ehrengäste empfangen und prächtige Feste gefeiert.
Der Maiyet Köşkü liegt nicht weit entfernt im Garten. Schlichter und zugleich voller Anmut, mit einer doppelläufigen Treppe und dezentem Dekor, diente er als privater Rückzugsort für die Familie des Sultans und ihr Gefolge. Die ruhigen Räume in sanften Farbtönen und zarten Mustern boten einen geschützten Rahmen abseits des Hoflebens.
Der Architekt Nigoğos Balyan stammte aus einer Familie, die das Stadtbild Istanbuls maßgeblich prägte, darunter auch die bekannte Ortaköy-Moschee. Sein Schaffen am Ihlamur Kasrı markiert eine Zeit des Umbruchs: Hier verbindet sich europäischer Barock auf elegante Weise mit lokalen Traditionen und spiegelt so den Zeitgeist eines Reiches wider, das sich dem Neuen und anderen Stilrichtungen öffnete.
Neben der Architektur sind auch die Gärten untrennbar mit der Geschichte verbunden. Zwischen Teichen und Spazierwegen liegt der zarte Duft der Lindenblüten in der Luft und erinnert an die Kultur der Muße vergangener Jahrhunderte, als Sultane und Dichter unter den Bäumen flanierten. In der Regierungszeit Sultan Abdülaziz’ fanden hier sogar Ringkämpfe und Tierwettbewerbe zu Ehren der Hofgesellschaft und ihrer Gäste statt. Ein besonderes Ereignis war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts der Empfang der Könige von Bulgarien und Serbien – ein Beleg für die internationale Bedeutung des Ihlamur Kasrı.
Nach dem Ende der osmanischen Ära wurde das Ensemble in ein Museum und öffentliches Kulturareal umgewandelt. Heute kann man sich im Garten-Café bei einem Getränk erfrischen oder an besonderen Veranstaltungen teilnehmen und dabei Geschichte lebendig werden lassen. Die gelungene Verbindung von Natur, Kunst und Kultur im Ihlamur Kasrı verleiht diesem Ort bis heute eine anhaltende Faszination und bietet einen entspannten Rückzugsort mit imperialer Vergangenheit.